Entwicklung von Rückbau- und Recyclingstandards für Rotorblätter

Hintergrund

Windenergieanlagen sind ein entscheidender Bestandteil um die Ziele der Energiewende in Deutschland zu erreichen. So hat sich die Anzahl der On-Shore- Windenergieanlagen in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht. [1] Neben der zahlenmäßigen Entwicklung ist ihre kontinuierliche Größenzunahme und damit eng zusammenhängend, die zunehmende Komplexität der Materialzusammensetzung, von großer Bedeutung. Die Höhe von Windenergieanlagen und deren Rotordurchmesser beeinflussen die Möglichkeit einer gleichmäßigen Energieausbeute und erlauben das Erschließen neuer Gebiete zur Energieumwandlung. Dies lässt erwarten, dass im Rahmen der technischen Möglichkeiten die Höhe und vor allem Rotordurchmesser auch zukünftig weiter steigen werden.

Bedingt durch ihre Laufzeit und die Reduzierung der EEG-Vergütungen ist ein zunehmender Rückbau der Windenergieanlagen aufgrund von Stilllegungen oder Repowering festzustellen und in weiter zunehmenden Maßen zu erwarten. Die Möglichkeit eines erneuten Aufbaus von ausgedienten Anlagen in Schwellenländern wird in Zukunft durch deren zunehmende Größe erschwert. Daher ist davon auszugehen, dass Anlagen neuerer Generation hauptsächlich in Deutschland recycelt werden müssen. Der Druck und die Notwendigkeit, schlüssige Rückbau- und Recyclingkonzepte für Deutschlands‘ Windkraftanlagen zu erarbeiten, steigt hierdurch stark an.

In einer vorangegangenen Studie im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA)[2] wurde ein erstes, schlüssiges und vollständiges Rückbau- und Recyclingkonzept erarbeitet. Es wurden konzeptionelle Vorschläge für ein hochwertiges und vollständiges Anlagenrecycling entwickelt und Organisationspflichten an Hersteller, Betreiber und Besitzer zugewiesen.

Aus Sicht einer hochwertigen Verwertung sind Verbundwerkstoffe – carbonfaserverstärkte (CFK) oder glasfaserverstärkte (GFK) Kunststoffe – eine besondere Herausforderung. Die Verbundwerkstoffe befinden sich vor allem in den Rotorblättern, wodurch diese eine Schlüsselkomponente beim Rückbau der Windenergieanlagen sind. Bei den Rotorblättern ist aufgrund der vielen Fabrikate oft unklar, welche Stoffe verbaut wurden. Vor allem bei längeren Rotorblättern muss man stets mit Lagen von CFK rechnen. In der genannten UBA-Studie spielen diese Verbundwerkstoffe nur eine untergeordnete Rolle. In den nächsten Jahren stellt der zunehmende Anteil an CFK-haltigen Abfällen jedoch aus Gesundheits- und Umweltschutzgründen bei der Demontage, Zerkleinerung und Aufbereitung sowie als Störfaktor für die etablierte Verwertung des GFK und durch die letztendlich fehlende sichere Entsorgung eine besondere Herausforderung dar. Auch hier spielt die Organisationsverantwortung für ein möglichst hochwertiges Recycling eine wesentliche Rolle.

 

[2] UBA-Texte 117/2019: Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen, Dessau-Roßlau, 2019

Zielsetzung

Aus dem dargestellten Projekthintergrund leitet sich das Ziel der Entwicklung einer hochwertigen und gleichzeitig wirtschaftlich zumutbaren Aufbereitungs- und Behandlungsstrategie von Rotorblättern ab. In dieser sollen sämtliche Bestandteile eines Rotorblatts hochwertig und schadlos verwertet werden. Zugleich sollen Vorschläge für die Organisationsverantwortung jedes einzelnen Arbeitsschrittes entwickelt werden.

Hierzu werden die folgenden Bereiche betrachtet und bewertet:

- Rotorblattkonstruktion,

- Risikobeurteilung von Fasern und Stäuben,

- baustellenseitigen Abfallbehandlung,

- Aufbereitung der Rotorblattabfälle,

- Verwertung aufbereiteter Rotorblattabfälle und

- Organisationsverantwortung

Ausgehend vom Ort des Rückbaus, über den Abtransport zur Aufbereitung und Weiterleitung der dabei möglichst optimalen Abfallfraktionen zu einer hochwertigen Verwertung werden die verschiedenen Verfahrensschritte beschrieben und bewertet. Daraus soll für die in den nächsten 20 Jahren anfallenden Abfallströme der Rotorblätter ein schlüssiges Konzept für eine möglichst standardisierte Demontage, Aufbereitungs- und Behandlungsstrategie entwickelt werden. Darauf basierend wird die Organisationsverantwortung aus rechtlicher Sicht geprüft und es werden Vorschläge erarbeitet.

Projektpartner

Das Projekt ist vom Umweltbundesamt beauftragt und wird mit mehreren Projektpartnern bearbeitet. Der THINKTANK Industrielle Ressourcenstrategien ist am KIT angesiedelt und koordiniert die Bearbeitung. Das Institut für Technische Chemie (ITC) des KIT und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) bearbeiten technische Fragestellungen und die Kanzlei Baumeister Rechtsanwälte rechtliche Fragestellungen. Das Netzwerk Composites United e.V. wird mit seinem vorhandenen Wissen und Partnerschaften unterstützen.